Der Mann hat einen Fuss aus Beton (wem es besser passt: aus Blei). Offensichtlich. Weil, anders lässt sich das Fahrverhalten dieses Landwirts nicht erklären. Suzuki Jimny vorne, kompakter Milchanhänger hinten, Tempo 80. „Whäm“, rein ins Dorf. Im Sommer, wenn es trocken ist, begleitet durch eine Staubwolke, im Winter durch einen knackigen Grienregen. Das ist bei ihm Standard. Verbleichter Ovoschlapphut, karriertes Flanellhemd, üppiger Schnauz und konstanter Fünftagebart inklusive. Die Kinder im Quartier kennen ihn fängs, warnen einander frühzeitig (natürlich von uns besorgten Eltern vorimprägniert) und stehen schnell und artig an den Strassenrand. Der Landwirt bremst dann manchmal ein wenig runter. Je nach Laune halt. Und wagt man aufgrund seines Gesichtsausdrucks auf diese Rückschlüsse zu ziehen, dann dürfte sie äusserst selten gut sein. Soweit das Bild von aussen. Weil ich ein Herz für etwas verschrobene Typen habe, fragte ich mich, als ich ihn neulich bei der Müllsammelstelle traf, wieder einmal, was denn nebst seinem Betonfuss das Motiv für seine Raserei sein könnte? Will er – verständlicherweise – einfach nur zügig arbeiten? Hat er trotz hoffnungsvollem Talent in der Jugend und zwei vierten Plätzen am Gurnigelrennen eine Formel 3000 Karriere verpasst? Sind ihm als Einzelgänger auf seinem abgelegenen Hof andere Menschen und strikt vorgegebene staatliche Regularien ein bisschen Wurscht? Weit gefehlt! Der flüchtige Blick auf den dicken Stapel abgewetzter CDs auf dem Beifahrersitz brachte Licht ins Dunkel: Querbeet alles von…Wu-Tang-Clan! Jawoll, knackiger Oldschool-HipHop, da gehen die Rösschen schon einmal mit einem durch – “whäm.” Seither höre ich genauer hin, wenn er an mir vorbeibraust. Manchmal löst es bei mir ein sanftes Kopfnicken aus.
Yo! Landwirt rocks…
- Post published:23. Juni 2020