Winkewinke

  • Post published:6. Januar 2021

Ich trotte durchs Quartier. Mit kalten Fingern. Ich hasse das. Und den zähen Hochnebel gleich mit. Da erblicke ich an einem Fenster das Gesicht des 3-jährigen Nachbarmädchens. Aus einem Impuls heraus winke ich ihr zu. Das Mädchen huscht weg, lässt aber noch ein flüchtig schüttelndes Händchen an der Scheibe zurück. Sieht aus wie das WhattsApp-Winke-Emoji oder noch besser: das eiskalte Händchen aus „Die Adams-Familie“. Ich lächle. Zum ersten Mal an diesem Tag. Wie alle, denen ein Kleinkind zuwinkt. Klar, letztere lernen das. Von uns Erwachsenen. Sie beginnen meistens früh damit: Fäustchen auf, Fäustchen zu. Dennoch, diese einfache Gebärde macht aus jedem Suurnibel – zumindest kurzfristig – einen glücklichen Menschen. Warum? Weils uns ins Jetzt holt. Radikal. So ein Scheibenwischerhändchen verlangt nämlich nach Interaktion. Hallo? Haaalllloooooo! I c h   b i n    d a (indirekte heisst das natürlich auch: und du ((Miesepeter?))). Oder hast du schon mal jemanden gesehen, der auf sowas nicht reagiert? Eben! Nun ja, ich muss schon sagen, gerade ältere Menschen tendieren zur Übertreibung. Die winken sich beziehungsweise das Kleinkind bis zur Erschöpfung. Aber wer mag ihnen das nicht vergönnen? Weil, den paradiesischen Zustand der plötzlichen Freude, der Aufmerksamkeit, der, nennen wir es doch beim Namen verdammt: eigenen Präsenz, will niemand missen. Dass wir uns dann meist sofort wieder in die Gedankenwelt verabschieden, ist unser Bier. Und was für ein grosses. Herrjeminee. Und was lernen du und ich daraus? Waseliwas? Auch wenn man nicht die Queen oder Prinz Charles heisst: ganz einfach mehr winken. So easy. Auch mal nicht einem fremden Kind, sondern einem fremden Erwachsenen. Der oder die wird Augen machen. Und zurückwinken. Und lächeln. Wetten?