Steht da auf einem A4-Aushang in der Apotheke: «Treffen mit der Schönheit». Also von einer Einladung wissen jetzt weder ich noch meine geniale Lebensgefährtin etwas, um eine frühlingshafte, das Herz erfreuende Blumenausstellung kann es auch nicht gehen, denn für diese ist in unserem Dorf genau nur einer und sonst niemand zuständig und das ist der Blumenmann. Darum weiter mit dem heiteren Rätselraten: eine Indoorinstallation? Zum Beispiel mit einem flockig dahinplätschernden Bächlein, in welchem man sich dann im Sommer seine müden Schinken runterkühlen könnte währenddem einem das Apothekenpersonal auf einem Silbertablett ein Antihistaminikum offeriert? Nein, das scheint es offensichtlich auch nicht zu sein, weil Betonmischer im Geschäft gleich Fehlanzeige. Dann halt: ein Konzert im Kleinkunstformat mit Tomazobi? Mmmh? Eine aktive Comedy-Veranstaltung mit den Theatersport-Genialos von TAP? Oder etwa doch ein integrierter Bücherecken von den tollen Macherinnen der Bibliothek Grosshöchstetten, wo man gemeinsam über Literatur tratschen könnte? Nein, die machen das bestimmt lieber selber und in ihrem eigenen Stall. Ah jetzt! Freier Ausschank von geschmacklichen Kaffeesensationen aus dem Sattler oder dem Parterre, vielleicht ergänzt durch ein Kügelchen Glace von der Gelateria di Berna ganz nach dem Motto: Länggasse goes Höchi? Nein. Nein, nein und noch einmal nein. Himmelarschundzwirn, es gibt doch so vieles da draussen, das Schönheit bietet. Was bleibt übrig? Richtig: die Ernüchterung. Weil jetzt sehe ich etwas genauer hin und lese: Diese, diese eine Gesichtscreme, die macht ausnahmslos alle glücklich, jede und jeden hübsch, die Haut zart und rosa wie ein gewienerter Kinderarsch. Ich kotze kurz innerlich in mich hinein und gehe dann frustriert nach Hause. Dort öffne ich den Briefkasten, wo ein Esprit-Flyer liegt und mir mitteilt: «Wann sehen wir dich wieder, STEFAN?». Da ich am selbigen Nachmittag in der Stadt einen Arzttermin wahrnehmen muss, packe ich die Gelegenheit beim Schopf und gehe danach – Einladung ist Einladung – persönlich in diesem Schuppen vorbei. Mit offenen Armen nähere ich mich den Verkäuferinnen bei der Kasse und sage mit Verve: «Salut meine Lieben, da bin ich!». Die Verkäuferinnen schweigen und lächeln mich gequält an. Wieder an der Reihe sage ich: «Ich bins, Stefan! Der STEFAN». Fasst sich Sandy, eine der Verkäuferinnen, ein Herz und versuchts mit einem gehauchten: «Hähä. Ja, hallo, S-t-e-f-a-n? Was kann ich für dich tun?» Und ich sage daraufhin: «Nichts. Niente. Alles prima. Ich wollte nur dir und deinem Laden alles, alles Gute wünschen, weil ich, ich komme nie wieder.»
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- Post published:4. Mai 2022