Smart

  • Post published:13. August 2024

Wenn Sie auf der Strasse etwas hören, das scheppert wie eine Konservendose, dann ist die Chance nicht eben gering, dass Sie im nächsten Augenblick keine Oldschool-Hochzeitsgesellschaft und einen lustig mit Büchsen behängten VW Käfer mit den Frischvermählten drin, sondern einen motorisierten Winzling namens Smart zu Gesicht bekommen werden. Ich weiss beim besten Willen nicht, was sich die Soundingenieure von Swatch & Daimler 1994 gedacht haben, als sie ihrem Stadtflitzer das unverkennbare mischblechige Soundkorsett «CHWWWRRRCHÄÄÄÄÄ» verpasst haben. Vermutlich wird aber schon irgend so eine kreativ-ulkige Pappnase einen neongelben Zettel mit der Aufschrift «Soll-wie-ein-übermotivierter-Rasenmäher-tönen» ans Moodboard der Motorenbauerabteilung geheftet haben. Item, da ich selbst, einem ehemaligen Kappeler Lehrerkollegen sei Dank, warme Erinnerungen an einige äusserst heitere Momente in einem Smart habe, war ich gespannt, was für eine Smart-«Form» mich – aus der Ferne geräuschvorinformiert wie ich war – nach dem Einbiegen in die Strasse runter zur Badi erwarten würde. Würde es ein klassischer Werbesmart mit starken Farben oder gar mit lustigen «Extensions» sein (gibt’s ja alles: Linth-Schoggi-Hase trallala et al.), ein geheuchelt schlanker dunkelblauer Geschäftssmart mit dezenter Beschriftung (schnell vor Ort und total persönlich einige Treuhanddokumente am Küchentisch unterschreiben – geht doch! Lächellächelschleimschleim!) oder eben doch eher so ein graues, schwarzes, weisses oder für die etwas wagemutigeren Eidgenoss*innen rotes Einpersonen-Haushaltsbesorgungen-ganz-praktisch-erledigen-Ding?

Nun ja, keines von den dreien, war ja eh klar, weil: «Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.» So leicht lassen einen die fiesen altbackenen Sprichwörter eben nicht davonkommen. Das war in diesem Fall aber auch nicht weiter schlimm, weil sich mir eine Szene bot, wie nur das Leben sie schreiben kann und zwar wie folgt:

Ein schwer abgetakelter hellgrauer Smart stand in seiner ganzen Länge quer zur Fahrbahn, wo er laut vor sich hinröhrend seltsam ruckelnd-hüpfende Vor- und Rückwärtsbewegungen machte. Als ich durch meinen etwas beschleunigten Schritt bereits so nahe war, dass ich den Innenraum mit seiner Beladung differenziert wahrnehmen konnte, bemerkte ich zudem verblüfft: «Oh, da gibt’s ja gar keine Leerstellen.» Weder vorne leibesumfangbedingt zwischen Fahrerin und Beifahrer noch hinten, weil jeder verfügbare Stauraumzentimeter mit Badetaschen, mehreren Fischruten, einer ordentlichen Kühlbox, einem 6er-Eisteegebinde sowie einem unförmig gefalteten Luftmatratzen-Liegestuhl in Entenform zugestellt worden war.

Als ich lächelnd – gespielt vorsichtig schleichend – in einem grösseren Bogen seitlich am Smart vorbei ging, da dieser mittlerweile zur Hälfte wieder auf den Gehsteig gerollt war, winkten mir die beiden Insassen mit donnerndem (er) und wieherndem (sie) Gelächter zu. Während sie es gerade noch schaffte, ein knappes: «Sorry, gäu, geit grad nid besser» hervorzubringen, konnte der sich kaum mehr einkriegende Beifahrer nur mit dem Daumen der rechten Hand aufs Heck verweisen, wo natürlich die obligate Lernfahrer*innenplakette mit dem weissen L auf blauem Grund klebte. Bereits im Weggehen antwortete ich den beiden: «Easy, ke Stress, nume Hü, e schöne Tag u vor auem e gueti Fahrt!» Als der röchelnde Smart sich endlich in der richtigen Richtung in Bewegung setzte, merkte ich, wie ausgesprochen fröhlich mich diese Begegnung gemacht hatte und stellte einmal mehr verwundert fest, dass das ganze Leben halt schon immer dann am besten war, wenn es einfachen Gleichungen folgte.

In ihrem Fall hiess das: A. Sie besitzen ein Auto + B. Es fährt + C. Es hat Platz für zwei + D. Sie will Auto fahren lernen + E. Er macht gerne den Fahrlehrer + F. Ein neues Näggi am Auto ist nicht weiter schlimm + G. Das Nützliche (Übungsstunde) wird mit dem Praktischen (Sommerausflug ans Wasser) kombiniert + H. Man teilt ganz offensichtlich einen formidablen gemeinsamen Humor ergibt (=) eine gute Stimmung.

DAS nenne ich smart.