Schön?

  • Post published:5. April 2020

Unterzuckert löffle ich im Eingang des Thunstrasse-Migros hastig ein laktosefreies Vanillejoghurt in mich hinein, als mein Auge bei der Zeitschriftenauslage am hochglanzigen Cover der Glückspost hängen bleibt. Titel: „Das sind die 100 schönsten Schweizer.“ „Oooh!“ macht es überrascht in meinem Kopf, weil ich unter den abgebildeten Promis zuerst den pausbäckigen Stucki Christian erblicke. Den finde ich ja wirklich sympathisch. Ohne Chrigu aber zu nahe treten zu wollen, würde ich ihn doch eher mit den Adjektiven „urchig“, „kräftig“, „bauernschlau“ oder „hemdsärmlig“ beschreiben als mit „schön“. Interessiert studiere ich nun die restlichen Abgebildeten. Klar, everybody’s Darling Roger Federer, der darf ja nicht fehlen. Zugegeben, der Grossmutterschwarm ist ein Hübscher – gerade wegen seiner Omnipräsenz auf allen Werbekanälen aber auch ein struber Langweiler. Gehen wir weiter. Luca Hänni: „jemerslinei; härzig – dirty dancing hin oder her“; Sandra Studer: „wie aus einem Picasso-Bild gefallen“; Sandra Boner: „rote Haare, rote Frischluftbacken.“ Gesund sieht die Wetterfee aus, von mir aus, ja, aber schön? Bleibt noch Skistar Corinne Suter. Die ist, nun ja, äääähm. Ja wie ist sie denn nun?  

Schon klar, liebe Glückspost, dass du jetzt protestierst und reklamierst, dass ich mit meiner Darstellung auf dem Holzweg bin, denn bei deiner Klassifizierung hast du als Blatt des breiten Volkes selbstverständlich nicht nur auf Äusserlichkeiten, sondern auch auf, ich zitiere: „Ausstrahlung, Können, Talent & Charme“, geguckt. Ohm. Voll Anja-Zeidler-mässig. 

Nur wenn das so ist, wieso sagst du auf dem Cover nicht gleich auch, wie du das meinst. Das würde in meinem armen mickrigen Hirn zu weniger Missverständnissen führen. Und: Wieso bildest du dann nicht mal frech 100 beliebige Menschen von der Strasse ab. Weil „schön“ in diesem Sinne, sorry, das sind wir irgendwie alle.