NO-vember – ein Stimmungsbild

  • Post published:10. Dezember 2020

Es ist kalt. Ich stecke beide Hände in die Jackentaschen. Feuerzeug. Zigarettenstummel. Kaugummi in einem zerknüllten Busticketpapierchen. In der Gartenstrasse bemerke ich durch die Fenster einer Garage violettrosarotes Licht. Überall stehen landesfremde abenteuerliche Pflanzen. Trotzig steht dort auch ein Mandarinenbaum in voller Pracht. Sehnsüchtig schaut er raus in die graue Suppe, kann den nächsten Frühling kaum erwarten. All das Knorrrigbunte, Unaufgeräumte freut mich. Auf dem anschliessenden Waldweg kommen mir erstaunlich viele Menschen entgegen. Die meisten schnaufen laut. Während ich abwärts gehe, wollen sie den Gurten hoch. Den Blicken zufolge, den freundlichen Gruss nicht im Ansatz erwidernd, sind sie völlig in sich gekehrt. Novemberrückzug. Einige haben sogar vergessen die Maske nach der Tramfahrt bis Wabern hochzuschieben. Bei der bls-Bahnstation lachen Bauarbeiter beim Montieren von Blenden. Einige tragen nur einen Kaputzenpulli. Aus der Hosenseitentasche eines Mannes ragt ein abgepackter Nussgipfel. Zvieri. Beim Kiosk, der von Tamilen betrieben wird, gönne ich mir einen Espresso. Draussen steht ein wackeliges Schild, auf welchem Tschechisches Bier beworben wird. Im Tram: Augen. Blicke. Immer wieder schön. Wenn sie denn nicht aufs Handy fixiert sind. Es wird getippt, getratscht, gegamt oder gesoundet. Ich tue es ihnen ja gleich. Beobachten, Festhalten und so allein trotzdem Teil von etwas Grösserem sein. Ein feierlicher Moment. Immer wieder. Eine Jugendliche mit riesigem Energydrink im Anschlag, Mund- und Nasenpiercing sowie knallrot gefärbten Haaren schaut nur nach draussen und danach mich interessiert an. Ich stelle mein Handy ab und gucke zurück. Zwei Augenpaare. Wir lächeln einander an. Was will man mehr? Alle noch da. Alle Mensch. Corona hin oder her.