Mensch über Maschine

  • Post published:15. Februar 2024

30 Meter nach einer der drei Ausfahrten des Kreisels Worb lenkt ein Mann in blauem Overall seinen 30 Tönner auf den Gehsteig und steigt aus. Obwohl er sicher gegen die 60ig geht, sieht er kernig aus und überquert joggend die Strasse. Bei der Bushaltestelle begrüsst er eine dort wartende etwas jüngere Frau mit einer innigen Umarmung. Ohne Vorwärmen beginnen sie, sich angeregt zu unterhalten. Zum Zeichen der gegenseitigen Anteilnahme legen sie sich schön abwechslungsweise eine Hand auf die Schulter. Aus dem Vertrautsein schliesse ich, dass die beiden eine gemeinsame Geschichte verbindet. Sind sie etwa Bekannte aus einer mittlerweile fernen Schulzeit oder sind es – die Ähnlichkeiten im Gesicht könnten stimmen – Geschwister? Sind es vielleicht Ex-Partner*innen, die sich aber immer noch gut leiden mögen oder sind es ganz einfach nur Nachbar*innen, die sich schon ein Weilchen nicht mehr am Gartenzaun begegnet sind? Aus dem Geplauder heraus lässt sich der Beziehungsstatus zwischen den beiden nicht ableiten. Er spielt hier aber auch gar keine Rolle. Vielmehr handelt es sich in den knapp zehn Minuten, in welchen sich diese Menschen über Hexenschüsse, Menüs im Restaurant Rössli Richigen, die Mithilfe an einem Turnfest oder über die Vorzüge von Staubsaugerrobotern unterhalten um ein wunderprimaschönes Beispiel, wie wertvoll Zwischenmenschlichkeit ist, wie wichtig es ist, sich auszutauschen und Mitgefühl zu zeigen.

Dass der Mann bei seiner Arbeit jetzt nicht mehr so gut in der Zeit liegt – egal.
Dass der Verkehr in diesem Strassenabschnitt während des Gesprächs etwas eingeschränkter fliesst – geschenkt.
Dass zwei Leute zum Abschluss ihres spontanen Aufeinandertreffens einen sehr baldigen Käfeletermin zur absoluten Priorität erklären – genial.

Amen.