Sie schlurfte die Zugrampe runter. Und wie sie schlurfte. Sie – das zirka 15-jährige Mädchen. Die Jackenärmel über die Hände gezogen, den dicken Schal um die Ohren geschlungen. Mutlos sah sie aus. Richtig in sich zurückgezogen und traurig. Am liebsten hätte ich sie väterlich umarmt und nutzlose Dinge gesagt wie: „Wird schon wieder. Morgen ist auch wieder ein Tag. Oder: November ist für alle schlimm. Und: Na, eine heisse Schokolade gefällig? Das muntert auf.“ Ich bin jetzt tatsächlich in so einem Alter, in welchem solche Impulse einfach aufkommen. Aha, mmmmh, so so. Dann schob sich aber urplötzlich etwas anderes in mein Bewusstsein. Was ganz anderes. Des Mädchens Schlurfschuhe waren gefüttert und oben mit einem monströsen Klettverschluss versehen. Dieses brachial Klobige war es, das eine Erinnerung an sie zurückbrachte: an Moonboots! Hell- und Dunkelblau, Knall- und Weinrot, Dunkelgrün, Weiss. Und waren da nicht sogar Ockerfarbene vorhanden gewesen? Shit. Fast jeder hatte diese säulenartigen Dinger getragen, die immer auch ein wenig an Mammut- oder Elefantenpfoten erinnerten. Herrlich wars, mit denen durch den fast kniehohen Schnee zu stampfen. Für warme Füsse war schliesslich gesorgt. Aber wehe. Wehe man überschritt mit denen deren Zenit! Dann verloren sie nämlich ihre Struktur. Ihren Halt. Nicht selten knickten dann die Trägerinnen und Träger beim Gehen nach innen… und begannen was zu tun? Genau: zu schlurfen! Wie das Mädchen die Zugrampe runter. Ein richtiges Geschlurfe.
Geschlurfe
- Post published:4. Dezember 2020