So was wie Schulalltag – ein Dialog

  • Post published:24. April 2020

„Right, that’s bloody right!“, jubilierte Münger im reinsten Britishenglish die Halbklasse 9a im Inforaum des Menzihofschulhaus an, so als hätte Jakob, dieser Hohlkopf, einen 6er im Lotto gewonnen und nicht gerade bloss den pipifaxeinfachen Unterschied zwischen regulären und irregulären Verbformen in der Vergangenheitsform erklärt. „Wow, der Müngi ist wieder ganz schön in Fahrt“, nuschelte Marco gähnend seinem Pultnachbar Mirco ins Ohr. „Ja, 25 Jahre im gleichen Business und immer noch begeisterungsfähig wie ein Labradorwelpe, Respekt! Ein halbes Lexikon im Kopf aber von Abflexen irgendwie keine Ahnung, geschweige denn von Fishermen nach der Kaffeepause. Wenn der in die Nähe kommt, krieg ich glatt Panik.“ Marco: „Ja, voll“. 

Es läutet. 

Mirco:„Endlich. Hast n Stierchen dabei“.
Marco: „Klaro, same procedure as everyday, kennst mich ja.“
Mirco: „Na dann lass dir mal Flügel wachsen.“
Marco: „Für was?“
Mirco: „Also, die Werbung von Red Bull hast du schon auf dem Radar, oder?“
Marco: „Jetzt chills, Bruder, war eine ernst gemeinte Frage!“
Mirco: „Welche?“
Marco: „Also jetzt stimmt was mit deinem Sender nicht, oder?“
Mirco: „Hä?“
Marco: „Na ja, für was soll ich mir Taurinflügel wachsen lassen?“
Mirco: „Was fragst du mich? Irgendwas Lustiges, wie aus der Werbung eben.“
Marco: „Zum Beispiel?“
Mirco: „Hey Alter, was soll das Generve? Für etwas, was dir flasht? Mach ein Daumenkino? Oder fahr mit dem frisierten Töffli und ohne Nummernschild, den Arschlochfinger zeigend an einem Blitzautomaten vorbei. Halt was reissen, du Spasst?“
Marco: „Also wer ist hier der Greis? Diese Dinge bringen dich aber nicht wirklich in Wallung, oder?“
Mirco: „Warum jetzt? Dich nicht?“
Marco: „Na ja, ich habe eher an Silvana aus der 8b gedacht“.
Mirco: „Also, jetzt komm ich nicht klar. Was meinst du?“.
Marco: „Also wenn ich an ‚was reissen‘ denke und selbst von Wallungen zu sprechen beginne, dann denke ich halt sofort an die Slive. Voll so. Bäng. Passiert einfach. Die würde ich sicher nicht von der Bettkante schubsen.“
Mirco: „Bevor du schubst, musst du erst einmal in ihre Nähe kommen, du falscher Bruder.“
Marco: „Hä, wieso?“
Mirco: „Aber Augen im Kopf hast du schon, oder? Weils die nur im Multipack gibt. Voll der Frauenverein um sie herum: Tabea, Ingrid, Semire, Annette, you name it? Die hat nie Zeit. Und wenn, dann turtelt sie doch mit Gian rum, diesem Oberstreber aus dem Gymer in Henggentschwil.“
Marco: „Echt jetzt? … Shit, wusst ich nicht…. Voll verflasht…. Kacke!“
Mirco: „Ja, locker Alter, kann ja jedem mal passieren!“
Marco: „Macht mich voll down. Ehrlich. Ich glaub ich überleb den Hugentobler in Bio nicht.“
Mirco: „Also machst du jetzt mal den Dosenöffner und trinkst noch was oder gibst du das Zuckerwasser gratis und franko frei.“
Marco: „Kannst haben. Muss in mich gehen.“
Mirco: „Ja voll Mann, klar, gib dir Zeit.“
Marco: „Und du meinst krass ernst, dass ich da nicht punkten kann?“
Mirco: „Hey, trag ich ne Kristallkugel rum und seh aus wie ne verschrumpelte Wahrsagerin?“
Marco: „Na ja, mit ein bisschen Vorstellungskraft.“
Mirco: „Siehst du. Tönst schon wieder wie der Alte.“
Marco: „Echt?“
Mirco: „Ja, voll.“
Marco: „Na…na dann ist ja gut.“ 

Marco seufzt. Laut und lange. 

Es läutet.